Im März reiste ich für einige Wochen nach Maui, um die spektakuläre Vielfalt der zweitgrößten Insel von Hawaii zu entdecken und für meine Serie „American Waters“ die Skyline von Honolulu zu fotografieren, die in 22 Lumas Galerien über die Welt verstreut gezeigt wird. Bei der dreiwöchigen Reise auf diese einzigartige Inselgruppe durfte ich vor allem die Insel Maui auf ganz besondere Weise kennen lernen.
Nicht weit von Paia finde ich eine kleine, und zu meiner Freude zumindest heute wenig besuchte Bucht. Im ersten Moment sieht es so aus, als lägen große Felsen am Strand. Aber bei genauer Betrachtung stelle ich erstaunt fest, dass es sich bei den Steinen um große Ansammlungen von Meeresschildkröten handelt, die die Kraft der Wellen nutzen um sich Stück für Stück an den Strand zu schieben. So elegant und schwerelos sie im Wasser wirken und auch sind, so behäbig aber nicht weniger beeindruckend sind sie am Ufer zu bewundern. Immer wieder kommen neue Meeresschildkröten ans Ufer um sich dort in der Sonne auszuruhen.
Hawaii ist aus mehreren Gründen ein besonderer Ort für Riesenschildkröten. Zum einen bietet das warme Klima und die reichhaltige Vegetation auf den Inseln eine ideale Umgebung für diese Tiere. Außerdem gibt es auf Hawaii keine natürlichen Raubtiere, die den Schildkröten gefährlich werden könnten, was ihnen eine sichere Umgebung bietet. Die Art von Riesenschildkröten, die auf Hawaii lebt, ist die sogenannte „Hawaiianische Grüne Meeresschildkröte“ oder auch „Honu“ genannt. Diese Schildkrötenart ist bekannt für ihre beeindruckende Größe und ihr charakteristisches grünes Farbmuster auf dem Panzer. Sie sind geschützt, spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem von Hawaii und tragen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts bei, indem sie verschiedene Funktionen erfüllen: Die Schildkröten ernähren sich hauptsächlich von Algen, insbesondere von jungen Algen, die auf den Korallenriffen wachsen.
Durch ihr Weideverhalten halten sie das Algenwachstum in Schach und ermöglichen so das Überleben von Korallen und anderen Meeresorganismen. Wenn die Schildkröten an Land gehen, um ihre Eier abzulegen, graben sie Löcher in den Sand. Durch Ihre Ausscheidungen werden Nährstoffe aus dem Meer in den Boden eingebracht, was das Wachstum von Pflanzen und die Nahrungsgrundlage für andere Tiere fördert. Außerdem bieten die von den Schildkröten geschaffenen Nistplätze auch anderen Arten einen Lebensraum. Zum Beispiel nutzen Vögel die verlassenen Nester der Schildkröten, um ihre eigenen Eier abzulegen.
Die Schildkröten sind auch ein wichtiger Anziehungspunkt für den Tourismus auf Hawaii. Ihr Schutz und ihre Erhaltung tragen zur Sensibilisierung der Menschen für den Schutz der Meeresumwelt bei. Insgesamt tragen die Hawaiianischen Grünen Meeresschildkröten dazu bei, die Biodiversität und das ökologische Gleichgewicht in den Gewässern von Hawaii aufrechtzuerhalten.
Die grüne Meeresschildkröte ist übrigens die einzige ihrer Art, die man regelmäßig am Strand beim Sonnenbaden bestaunen darf. Die sanften Riesen werden bis zu 80 Jahre alt und können ein Gewicht von bis zu 180 kg erreichen. Kein Wunder, dass sie die Kraft der Wellen nutzen, um an Land zu kommen.
Um die wunderschönen Geschöpfe nicht zu stören, versuche ich gebührenden Abstand einzuhalten. Dank meines APO-Televid, dass ich mithilfe eines Adapters mit der Leica SL2 auch fotografisch nutzen kann, ist das nicht weiter tragisch und ich fotografiere selbst weit entfernte Tiere formatfüllend ohne, dass sie meine Präsenz überhaupt wahrnehmen. Ich lege mich in den Sand und warte auf weitere Strandbesucher aus dem Meer. Hierbei wird mir einiges klar. Es gibt leider nicht nur schöne Dinge zu beobachten. Die Schildkröten zeigen mir vielfach auf, was wir Menschen für eine Zumutung für unsere Ozeane und deren Bewohner sind. Immer wieder entdecke ich Schuldkröten mit Plastik am Körper oder Tumore an Kopf oder Flossen.
Welche Auswirkung unser Eingreifen in die Natur hat, macht sich auch hier auf Maui, fernab der großen Städte und Industrien, immer wieder bemerkbar. Die sanften Riesen erfüllen so unfreiwillig eine wichtige Rolle als Botschafter der Meere, denn sie tragen die von uns verursachten Probleme an Land und machen sie so für jeden sichtbar. Dennoch beherrschen die schönen Momente diese Erinnerung, die atemberaubenden Lebewesen in natura bewundern zu dürfen. Zu guter Letzt bietet sich mir am letzten Tag der Reise sogar die Möglichkeit mit ihnen zu schwimmen – natürlich mit ausreichend Abstand, um sie nicht in ihrem natürlichen Lebensraum zu stören. Es ist unglaublich, mit welcher Eleganz die riesigen Tiere durchs Wasser schweben. Immer wieder finde ich gut getarnte Schildkröten am Meeresboden auf Felsformationen, wo sie regelrecht in einer „Waschanlage“ ihren Panzer von kleinen Fischen reinigen lassen.
Ein weiteres, unerwartetes Highlight ist der Gesang der Wale, die man schon bei einer Tauchtiefe von einem Meter hören kann. Und so erlebe ich ein beeindruckendes Unterwasserensemble aus Walgesang und optischen Reizen in Schwerelosigkeit. Was für ein Erlebnis! Mit all diesen neuen, bewegenden Eindrücken wird mir einmal mehr bewusst, wie wichtig es ist, unsere auch für uns Menschen und unser Klima überlebenswichtigen Ozeane zu schützen und vor weiteren Eingriffen wie Überfischung und Plastikverschmutzung aber auch akustischem Müll zu bewahren.