Michael Straubhaar lebt in der Schweiz und interessiert sich seit seiner frühesten Jugend für die Natur, im Speziellen für die Vogelwelt. Er ist in verschiedenen ornithologischen Projekten (Brutvogelatlas, Monitorings, Exkursionsleitung usw.) tätig und befasste sich während vieler Reisen rund um den Globus mehrheitlich mit dem Birding.

Es ist vier Uhr morgens und wir standen schon an der Tankstelle in Komatipoort. In einer halben Stunde wollen wir am Grenzübergang Lebombo/Ressano die Grenze nach Mosambik überqueren. Dank eines Sportanlasses in Johannesburg ist die Grenze 24 Stunden offen und so bilden sich keine Schlangen am Grenzposten. Nach diversen ornithologischen Trips durch das südliche Afrika hatte ich schon viele gefiederte Perlen gefunden, einige Spezialitäten im östlichen Teil fehlten aber noch, so kam ich auf die Idee, einmal Mosambik und Simbabwe zu bereisen.

Und so begann ich mit der Planung. Als Selbstfahrer war es mir alleine dann doch zu viel und so kam es, dass ich im Internet auf die Homepage von „Indicator Birding“ gestoßen bin. Etienne Marais leitet seit mehreren Jahren ornithologische Reisen in diesem Teil der Welt und ist ein erfahrener Birder, der auch publiziert hat. Und los ging’s: Einer der Höhepunkte dieser Reise war sicherlich der Besuch der Barra Halbinsel bei Inhambane. Die Schlickflächen in der mangrovengesäumten Bucht von Inhambane sind alljährlich der Überwinterungsplatz vieler sibirischer Limikolen. Die Flächen sind sehr groß, so dass es nicht immer einfach ist die Trupps von Terekwasserläufern, Sichel- und Zwergstrandläufer, Wüsten- und Mongolenregenpfeifer und vielen mehr zu finden.

Der erst genannte „Läufer“ ist leicht zu erkennen: Er ist 22 bis 25 Zentimeter lang und erreicht eine Flügelspannweite von 38 bis 40 Zentimeter. Sein Schnabel ist lang und leicht nach oben gebogen. Er ist schwarz und im Prachtkleid an der Wurzel mattrot getönt. Die Oberseite und die Brust sind graubraun gefärbt, die Unterseite ist weiß. Im Prachtkleid hat der Vogel auf den Schultern schwarze Längsstreifen. Und das Wichtigste – und Lustigste -, bei Erregung wippt er mit dem Hinterkörper.

Auf der anderen Seite der Insel, welche dem Indischen Ozean zugewandt ist, besteht die Chance auf Sichtung von Sturmtauchern und Reiherläufern. Nach einigem Suchen an den noch menschenleeren Stränden ist es uns dann gelungen, diese zu entdecken, lange deren Verhaltensweisen zu studieren und auch abzulichten. Die Fahrt führte uns dann weiter entlang der EN 1 in Richtung Norden. Auf diesem Abschnitt wachsen sehr viele Palmen, die verschiedenste Falken als Warte nutzen, so z. B. der Schieferfalke oder der Wanderfalke der Unterart F. p. calidus.

Nach einigen Stunden auf der Teerstrasse bog Etienne auf eine breite Piste ab, und es ging über mehrere Kilometer wieder dem Meer entgegen. Das heutige Ziel war das Morrungulo Beach Resort. Eine wunderschön am Meer gelegene Unterkunft, etwas erhöht auf einer Düne mit traumhafter Aussicht. Bei unserem Besuch waren wir die einzigen Gäste. Einen solchen Strand hatte ich noch nie für mich alleine. Hier war Erholung angesagt, denn am nächsten Tag ging es wieder weiter. Generell sind die Straßen gut; es gibt wenig Verkehr und immer wieder ansprechende Aussichtspunkte. Kurz an den Straßenrand – dabei natürlich auf den Verkehr achten – und raus mit der Optik. Hier gilt es oftmals weitere Entfernungen zu überbrücken, ich kann da aus eigener Erfahrung nur mein Leica Spektiv empfehlen.

Im Verlauf des späten Nachmittags trafen wir bei unserer nächsten Unterkunft ein und machten uns sogleich mitten durch einen Straßenmarkt auf die Zufahrt zu dem riesigen Sumpfgebiet im Norden der Stadt. Diese überschwemmten Flächen bedecken unzählige von Quadratkilometern und in diesen Sümpfen leben einige, an anderen Orten nicht ganz einfach zu findende Arten. Bei fast jedem Beobachtungshalt hörten wir ein tiefes „Bumen“ aus dem Schilf. Es wimmelte hier regelrecht von Rohrdommeln, was nicht verwundert, denn hier ist wohl die größte Dichte im südlichen Afrika zu finden.

Die Rohrdommel wird zwischen 70 und 80 cm lang, die Männchen können über zwei Kilogramm wiegen. Mit ihrem in warmen Brauntönen gehaltenen, stark gescheckten Federkleid ist sie im Altschilf kaum zu erkennen. Ihr Federkleid imitiert ein Muster aus Licht und Schatten, das die Konturen des Vogels selbst hinter wenigen Schilfhalmen auflöst. Diese Tarnung wird als Somatolyse bezeichnet. Nähert man sich der Rohrdommel, nimmt sie bis auf geringe Distanz die so genannte Pfahlstellung ein: Mit nach oben gerichtetem Kopf und Schnabel schwankt die Rohrdommel wie das sie umgebende Schilf im Takt mit dem Wind, ihre Längsstreifen wirken wie einzelne Halme. Man glaubt das nicht, bis man es selbst sieht, was wir auch taten, bis in den glühenden Sonnenuntergang hinein.

Auch der nächste Morgen stand noch einmal ganz im Beobachten der Vogelwelt in diesen feuchten Gegenden. Mit etwas 20 Klunkerkranichen an diesem Morgen wurden selbst Etienns Erwartungen übertroffen. Seinen Namen hat dieser Gruidae von den zwei weiß befiederten Lappen, die an beiden Seiten seiner Kehle herunterhängen. Bei einer Standhöhe von 165 bis 175 cm wird der Klunkerkranich bis zu neun Kilogramm schwer. Etwas weiter nördlich war unser nächstes Ziel. Dort liegt unweit der großen Brücke über den Sambesi das M’phingwe Camp. Diese Unterkunft liegt in einer 25.000 Hektar grossen Waldkonzession.

Hier wird nebst einem kontrollierten Holzschlag auch sehr viel für den Erhalt zum Schutz der Wälder und ihrer Bewohner unternommen. Ein Teil davon ist eine „Hunting Concessions“, in der ethisch korrekt – in nur einem Monat pro Jahr – gejagt und das Fleisch vollkommen genutzt wird. Den Rest des Jahres aber ist kaum ein Mensch in diesen Wäldern unterwegs und die Natur kann sich so weiterentwickeln wie sie will. Der Inhaber des Camps legt sehr großen Wert darauf, dass die Tiere und Bäume nicht gewildert werden. Aus diesem Grund leistet er sich auch mehrere Aufseher, die analog zu den Wildhütern durch die Wälder streifen und versuchen den Frevlern das Handwerk zu legen.

Wir aber konnten ungestört während dreier Tage auf Vogelpirsch gehen. Die Artenvielfalt ist unbeschreibbar und viele können fast nur hier im südlichen Afrika ausgemacht werden. So machten wir uns beispielsweise auf die Suche nach dem Blauflügelrötel und der Weißbrustalethe und trafen beide auch an. Zu unserer großen Überraschung sang an einem Morgen sogar noch ein Sprosser aus einem Busch am Straßenrand.

Geht man im Dezember in diese Coutadas (Portugiesisch für Jagdrevier) besteht eine fast hundertprozentige Chance auf den Angolapitta. Doch im Monat Februar wurde noch nie ein Vogel nachgewiesen, und so versuchten wir einfach unser Glück. Durch die sehr kleine Gruppengröße waren wir für Erkundungen wie diese sehr flexibel. Pittas leben einzelgängerisch versteckt in unterholzreichen Wäldern und Dickichten. Sie bevorzugen die Nähe von fließenden Gewässern und halten sich tagsüber meist auf dem Boden auf, die Nacht verbringen sie hoch oben in den Bäumen.

Aber es sollte nicht sein. Nach mehreren erfolglosen Stunden der Suche gaben wir dann auf. Es scheint tatsächlich so, dass dieser innerafrikanischer Zugvogel um diese Jahreszeit bereits abgewandert ist. Dafür entdeckten wir einen Kapbreitrachen und einen Braunstirnwürger. Leider waren die Lichtverhältnisse alles andere als optimal zum Fotografieren. Die brauchbaren Vogelbilder waren am Schluss eher Mangelware, dafür haben sich viele tolle Bilder im Kopf eingebrannt. Und das ist in solchen Urlauben auch viel wichtiger. Beim Überqueren einer Brücke sahen wir, dass um einen blühenden Baum ganz viele Schmetterlinge flogen. Dies ließen wir uns natürlich nicht entgehen und genossen die farbige Schar.

Mosambik ist ein sehr interessantes Reiseland; man sollte aber schon etwas Afrikaerfahrung haben. Ein großer Teil des Landes ist immer noch schwer zugänglich und es bleibt zu hoffen, dass nicht zu viele Straßen in den Busch gehauen werden. So bleibt die Artenvielfalt bestehen – bei den Säugetieren, als auch bei unseren „gefiederten Freunden“.

Fotos: Michael Straubhaar

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